Mittwoch, 25. Januar 2017

Insomnia

Es scheint fast so, als ob ich den Sekundenticker an der digitalen Zeitanzeige meines Handys hören könnte. Tic tac, tic tac, tic tac.

Während ich darüber nachdenke, wie sich das früher an der alten Küchenuhr meiner Oma anhörte, wenn es im Haus zur Mittagsschlafenszeit besonders still war – außer, mein Großvater röhrte wie ein sibirischer Waldarbeiter an etwa einem Dutzend russischer Tannen – schweift mein Blick auf die Nachtanzeige des Telefons und klatscht mir in kleinen leuchtenden Pixeln die Uhrzeit entgegen.

03:27 Uhr.

Es ist früher Mittwochmorgen und ich bin schon wieder wach. Keine Nacht ist mehr an durchschlafen zu denken.

Während jede Faser in mir nach Schlaf schreit, um Ruhe und Vergessen bettelt und die Glieder schwer wie Blei um mich rum liegen, hört das Hirn einfach nicht auf, seine Kreise zu drehen. Es steht nicht still, wirft Fragen, Thesen, Aufgaben, Zweifel, Kritik, Träumereien und dämliche Tipps in den Raum zwischen linkem und rechtem Ohr.

Scheinbar jede Nacht der letzten Wochen wache ich nach kaum 5 Stunden Schlaf auf und komme nicht mehr zur Ruhe.

Habe ich vom Chef-Psycho mittlerweile gelernt, unerledigte Aufgaben, Gedanken, Vorhaben oder andere greifbare Gedanken sofort aufzuschreiben, wenn ich aufwache und diese auf mich eindreschen, um sie danach imaginär als „erledigt“ im Geist abhaken zu können, damit das Gehirn nicht weiter darum kreist, reicht das offenbar nicht aus, mein Gehirn mundtot zu machen. Insbesondere Zweifel, Träume und Hoffnungen bahnen sich in den dunklen Abend- und Nachtstunden Bahn und holen sich den Raum, den sie am vollgestopften Tag nicht bekommen. Ich kann diese nicht aufschreiben, ohne Aufsätze in bibelartigem Umfang zu Papier zu bringen und so wurde mir vom Chef-Psycho zum Grübelstuhl geraten. Super Name. Klingt nach Inquistion; ohne Versprechen auf Absolution. Ich würde töten für einen Ablasshandel.

Also suche ich mir seit etlichen Nächten einen Stuhl, auf dem ich sonst nie sitze und auf welchem ich nun grüble.

Ganz ehrlich. Weder dass meine Gedanken mich in den letzten 4 Nächten auch nur ansatzweise einen Zentimeter vorwärts führten, außer zu der stets ziemlich tränenreichen Erkenntnis, dass ich eine dumme Nuss bin, die sich immer und immer wieder in Menschen, Situationen und Einschätzungen verrennt, noch dass ich durch die stundenlangen Sitzungen auch nur fühle, dass ich in der folgenden Nacht würde durchschlafen können. Ich fühle weder Fortschritt noch Erleichterung oder auch nur, dass der Kampf auf meinem neurologischen Schlachtfeld sich zumindest einer Seite der Waage zuneigt. Da tut sich nichts, außer, dass ich das Gefühl habe, die Last wird schwerer, weil ich nicht in der Lage bin, meine Träume und Zweifel einfach zum Teufel zu jagen.

03:52 Uhr

Für Kaffeekochen ist es zu zeitig, aber an Schlaf ist nicht zu denken. Also stelle ich fest, dass ich nichts zum Aufschreiben habe und mache mich auf den Weg zum Grübelstuhl. Eine weitere Nacht, die dort vergehen wird. Auf ein Neues.