Montag, 15. September 2014

Kerstchen allein zu Haus

Okay, abgesehen davon, dass es fast peinlich ist, wenn Frau allein im Restaurant sitzt, genieße ich das hier gerade mächtig.

Laut meinem allseits verfügbaren online-Kalender ist jetzt Fachkreistreffen des Leipziger Anwaltsvereins. Richterstammtisch. 

Stell dir vor, es ist Fachkreis und keiner geht hin. Keiner, außer Kerstchen. 

Entweder erschieße ich morgen meine Sekretärin oder mich. Denn bis zu mir ist die Kunde des nicht stattfindenden Fachkreistreffens nicht vorgedrungen. Also setze ich mich, anstatt nach Hause zu fahren, ins Restaurant, esse zu Abend, schreibe an meinem Blog und chatte. Herrlich. Entspannend. Schön.



Das Ergebnis dieser wunderbaren anderthalb Stunden gibt es bald hier zu lesen.

In diesem Sinne.

Dienstag, 2. September 2014

Hamlet im Weltraum


Der Weltraum, unendliche Weiten …

Der Gedanke an diesen legendären Text springt mich genauso an wie eine lästige Klette, wenn ich mit meinem Kind durch den 130. Busch des Tages krauche, weil er mal wieder irgendeinen ungeheuer wichtigen Stock sucht und dabei an diesem vermaledeiten Strauchwerk vorbeikomme.

Der Weltraum - da bin ich jetzt auch. Aber DER Weltraum ist eben nicht Kirks wunderbarer Alpha-Quadrant, in dem der Forschergeist noch blühte und Scottie meckernd vor sich hin bastelte. Es ist auch nicht Capt’n Siscos Gamma-Quadrant, in dem dieser das fiese Dominion bekämpfte. 

Nein, es ist der Omega-Quadrant. Mein Omega-Quadrant. Und der liegt mitten in Brandenburg. Er ist wüst und öd und leer. Nicht ein einziges Signal. Nicht das klitzekleinste Funksignal.

Ich sitze auf meinem Handtuch, starre auf mein Handy und habe auch den letzten Rest guten Glaubens verloren, als mein smartphone völlig bockig zum weiß-ich-wievielten-Male heute mitteilt, dass mein Foto nicht hochgeladen werden konnte. 

Ödland. Tal der Ahnungslosen. Mitten in Deutschland. Wie bitte soll die Welt wissen, was ich mache? Hilfe! Bin ich wirklich hier, wenn ich es nicht poste? Gibt es diesen Ort überhaupt? Behaupte ich nicht nur, dass ich im Urlaub bin, obwohl ich mich womöglich in einem Paralleluniversum durch die überfüllte Innenstand presse, in einer Hand 20 Einkaufstüten und in der anderen Cupcakes? Ich habe seit gefühlten 20 Millionen Jahren nichts gepostet, seit dem Aussterben der Dinosaurier keine whatsapp Nachricht mehr erhalten und nicht mal mehr mein line gibt das leise, aber penetrante „line“-Getröte ab. Vom Spiel gar nicht zu reden.

Meine Sinnkrise wächst. Sein oder nicht sein. Das ist hier die Frage. Ob Hamlet durch den Omega-Quadranten reiten könnte und so einen kleine Funkmast direkt vor meine Nase baut?

Irritiert von der Halsstarrigkeit meines Handys blicke ich mich um, ohne meinen wie manisch buddelnden Vierjährigen wirklich aus den Augen zu lassen. Links von mir ein junges Pärchen. Während sie, „geschmückt“ mit einem mittlerweile unansehnlichen Arschgeweih und irgendwelchen inzwischen genauso überstrapazierten Schriftzeichen auf dem Arm, hektisch rauchend auf ihrem Handy rumtippt, vermutlich um all meinen whatsapp- und line-Kontakten zu petzen, dass ich jetzt zu den Offlinern gehöre, telefoniert er lauthals ganz sicher nicht mit Mutti. Warum bitte schön haben die Empfang, während ich mich wie ein Steinzeitmensch im Rauchzeichen geben üben müsste?

Rechts von mir ein älteres Pärchen. Sie sieht aus, als ob sie die letzten 25 Jahre in genau dieser Stellung an genau dieser Stelle nichts anderes gemacht hätte, als in der Sonne zu liegen. Abgesehen von dem fast unnatürlich aussehenden Braun ihrer Haut, dem „Belzig-blond“ in den Haaren und dem geradezu steril wirkenden weißen Bikini, fällt besonders die extreme grelle Schminkparade im Gesicht auf. Und die vermutlich 15 cm lange, sehr dünne Zigarette. Ihr Gatte beschränkt sich darauf, den jungen Mädchen hinterher zu gaffen.

Mir natürlich nicht. Jung war mal. Mädchen auch. Jetzt eher Furie, weil mein Handy mir nun auch noch erklärt, dass es ohnehin zu wenig Energie hätte, um irgendwas irgendwohin hochzuladen. Na prima.

Rutscht mir doch den Buckel runter und denkt, ich bin auf dem Mond zum dauerschlafen. Sieht eben keiner, wie ich mir im Sand die Finger wundbuddle, beim Rettungsversuch meines Kindes vom Kletterturm halsbrecherisch auf der zweiten Etage rumkreple oder etwa hundertmal mit dem kleinen gelben Plasteeimer den Sandkasten unter Wasser setze, weil wir jetzt unbedingt venedig-like Kanäle und Brücken zimmern. Mache ich eben … ähm …





... Urlaub.