Samstag, 2. Juli 2016

Die Hormone und du

Ich war unlängst bei einem recht kurzweiligen und amüsanten, wenn auch wegen der Kürze etwas plakativen Vortrag zum Thema: unsere Hormone und der Einfluss der sozialen Medien auf unser (Beziehungs-)leben.

Wie der geneigte Leser sicher weiß, geht das Thema „Generation beziehungsunfähig“ derzeit durch die Medien und wird allerortens gefeiert, als ob der Messias auferstanden wäre. Abgesehen von der Tatsache, dass sämtliche statistischen Erhebungen belegen, dass unsere Generation erstens nicht beziehungsunfähiger ist, als diverse Generationen vor uns und zweitens unsere Generation sogar wohl eher spießiger ist, als so manche vor uns, liegt des Pudels Kern vermutlich ausschließlich in der äußerst kreativen Selbstverleugnung unsererseits und der Fähigkeit Luftschlösser dort zu bauen, wo einfach nur Morast ist.

Nicht, dass das Bauen von Luftschlössern was Schlechtes wäre - ich erliege dem selbst gern hier und da. Aber eine permanente Selbsttäuschung führt wohl kaum zu ewigem Glück. Sollte ich mir in meine Taschentücher sticken. Lassen.

Die Behauptung zur Beziehungsunfähigkeit basiert auf der These, dass unser Alltag von einer von uns selbst initiierten (oder alienlike eingepflanzten) ständigen Sucht nach Selbstoptimierung bestimmt ist. Daraus folgt – laut unserem Chefpsychologen –, dass unsere Hormone uns einen Bären nach dem anderen aufbinden, weil Adrenalin und Dopamin uns quasi dazu zwingen, in einem ständigen Strudel von Reiz, Abenteuer und Spannung durch‘s ach so bunte Leben zu dümpeln. Wir müssen immer schöner, lustiger, beschäftigter, reizvoller, intelligenter und party-machender sein als alle anderen. Wer uns übertrumpft, wird von der Freundesliste gestrichen und ignoriert, muss vorher aber ums Verrecken nochmal übertrumpft werden. Dieses ständige unter-Spannung-stehen verhindert so das Abdriften in den „chilligen“ Bereich, der von den Hormonen Noradrenalin und Serotonin bestimmt wird und in dem wir uns befinden, wenn wir zufrieden in unserer (Langzeit-)beziehung hocken. Oder auf der Couch: mit Schoki und Ben & Jerry's.

Das Problem an der Sache ist wohl auch, dass die Maßstäbe, die wir scheinbar an uns selbst stellen, nämlich schöner-amschönsten-schneller-höher-ichbinderhippigsteHippsterever dazu führen, dass wir diese Maßstäbe auch bei unserem Partner anlegen. Und das nur, weil wir selbstverständlich Julia Roberts, Bill Gates, Stephen Hawkings und Usain Bolt him-her-wieauchimmer-self sind und gleiches daher vom Lebensabschnittsgefährten erwarten. Da kann der arme Tropf eigentlich nur verlieren. 



Oder kurz gesagt: „Die Aufmerksamkeitshascherei der sozialen Netzwerke verstärkt die Bedürfnisse nach Nervenkitzel und Reizsetzung und verhindert aufgrund des ständigen Klickreizes (ja, Facebook, du bist gemeint) das Entspannungsgefühl.“ Und das killt mittelfristig selbst einbetonierte Beziehungen. So der Psycho.

Ob die Erkenntnis über dieses hormonelle Disaster etwas an der Einstellung zu diversen sozialen Medien ändert, wäre wohl ein äußerst interessantes Thema für eine Masterthesis.

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