Freitag, 24. Januar 2014

Hochzeit mal drei

Ich habe immer gesagt, dass ich später mal meine Memoiren schreiben würde. Glücklicherweise setzte Mr. Licklider dem vorher das vielgepriesene Internet entgegen, so dass ich die ganzen Geschichten nunmehr bloggend erzählen kann.

Mein Beruf hat naturgemäß viele tragische Geschichten von enttäuschten Erwartungen, prügelnden Eltern, traurigen Kindern und geplünderten Konten parat. Aber manchmal kommt ein Mandant daher wie ein Sonnenstrahl durch die Wolken, der das Leben des Anwalts äußerst nachhaltig erheitern kann.

Ein solcher saß völlig unschuldig vor sich hinguckend an einem Sommertag vor mir.

Er hatte mich vor ein paar Monaten in einer Unterhaltsangelegenheit betreffend 2 seiner 4 Kinder mandatiert. Diese lebten bei seiner Ex-Frau irgendwo in den Gebrauchten. Er war gebürtiger Bayer, klein und knuckelig und arbeitete auf dem Bau. Ich bin mir aber sicher, dass er kein Zimmermann oder Trockenbauer war, denn er machte den Eindruck, dass er schon unter der Last eines Zollstocks körperlich zusammenbrechen würde. Irgendwie so ein Pinocchio-Typ - klein, hölzern und außer einer Nase nicht viel Leben drin.

Jedenfalls: nach der Trennung zog er mit den anderen 2 Kindern aus seiner Ehe nach Leipzig, hatte eine neue Lebensgefährtin, die ihrerseits 2 Kinder aus einer vorigen Beziehung mitbrachte und wohnte mit ihr und den 4 Kindern in einer Wohnung. Und das seit fast 10 Jahren.

Und an diesem Sommertag saß er da und schaute mich fast flehentlich an.

"Meine Freundin hat geheiratet."

Ja, Mensch, meinen Glückwunsch. Das ist ja eine tolle Nachricht ... 

Die Worte blieben mir - glücklicherweise - im Halse stecken, bevor ich sie ausgesprochen hatte und ich wusste vor lauter Irritation gar nicht, ob ich ihn ansehen sollte. Es dauerte einige Sekunden, bis ich seine Worte so eingeordnet hatte, wie er sie ausgesprochen hatte. Er hat "meine Freundin" gesagt. Er hat nicht gesagt, "ich habe geheiratet" oder "wir haben geheiratet". Nein. Sie hat geheiratet. Sie. Hat.

"Ich habe mich schon gewundert, warum sie am Samstagnachmittag nicht zu Hause war und die Kinder auch nicht. Sie sind erst in der Nacht wiedergekommen."

Ich weigere mich innerlich noch, das Ausmaß dieser Geschichte in seiner Gänze zu erfassen. Und das auch, weil ich nicht weiß, ob ich schockiert sein werde oder lachend am Tisch zusammenbreche. Da ich keine Wahl habe, als mich mit seiner Erzählung auseinanderzusetzen, entscheide ich mich vorläufig für den Schockzustand. "Ach, herrje ... " Mehr kriege ich nicht raus.



Also mal ehrlich. Ungeachtet dessen, der gewissen Tragik einer gescheiterten Beziehung zu nahe treten zu wollen, frage ich mich, welche Frau mit einem Mann zusammenlebt, wenn sie eine derart feste Beziehung mit einem anderen Mann eingeht, den sie dann auch noch heiratet. Und noch viel schlimmer ist eigentlich: welcher bekloppte Idiot gibt sich damit zufrieden, dass seine künftige Braut und dann sogar Ehefrau mit ihrem bis dato Lebensgefährten in einer Wohnung wohnt und sogar in einem Zimmer und in einem Bett schläft? Wie bekloppt muss man eigentlich sein? Und was hat der Ehemann in der Hochzeitsnacht getan? Sich an der Minibar vergangen?

Der arme Tropf vor mir wusste auf keine dieser Fragen eine Antwort. Erst vier Wochen später zog sie aus.

1 Kommentar:

  1. Einfach herrlich..besonders "..in den Gebrauchten" einfach köstlich!!!

    AntwortenLöschen